Das Jenseits

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Die Genehmigung für den neuen Friedhof wurde noch nicht erteilt, im siebten Jahr liegt er brach, ohne Habe in seinem Leib. Die Meinungen darüber sind zweigeteilt, die einen wollen hüben, die anderen drüben begraben sein. Hier, nah am Haus will ich ruhen, sagt eine junge Frau. Ich verstehe, am Friedhof leben, auf dem Friedhof liegen, im Jenseits und doch zu Hause geblieben. Sie hat noch Zeit. Die anderen wollen nicht die ersten auf dem unberührten Friedhof sein, denn selbst ein Bündel Knochen fürchtet sich davor, allein zu sein. Auf manche Toten wartet ein Umzug. Zur gegeben Zeit. Die Genehmigung wird es regeln. Das gilt, versteht sich, diesseits. Jenseitige Formalitäten, meine Damen und Herren, sind mit dem Knochenmann zu klären. 

 

 

Bäng! Bäng!

 

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Bäng! Bäng! …. weil der kalte Nebel nach mir greift … Bäng! Bäng! … weil die Sterne so unerreicht … Weißt du noch wie du mir den Sheriffstern gabst? Plastik, Kirmesstern mit Strass, ich lachte auf. Bäng! Bäng! Punkt zwölf zur Mittagszeit blieb der Sheriff liegen, auf dem Schulhof im Staub. Die Milchausgabe hatte er verpasst, die Braut, der Schmerz, ach, vergessen zwei Wochen danach. Aber ich? Mit Sheriffstern und Sporen am Stiefelschaft wäre ich heute gemacht! So zieht es mich an Tagen wie diesen in die Prärie hinaus, mit den Kojoten im Schlepptau durchsiebe ich den Staub.

So ist das Leben

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Es klopft an die Tür, nicht meine, nebenan. Komm´ heraus, unterschreib´, geliefert wird Unglück, Ungemach, Kummer ohne Trost. Kinder lauft! Höre ich. Schnell! Auch ich verkrieche mich unters Bett. Dein Herz gärt, vielleicht atmest du bald nicht mehr! Mach´auf, zur Herausgabe stehen Jammer und Not! Der Bote lacht widerwärtig vergnügt, verschluckt sich vor seinem abstoßenden Glück. Lautlos rutsche ich ans Schlüsselloch. Ein Mann steht da, ganz still. Habe ich mich verhört? Nein, es schüttelt ihn wieder, es zerreißt ihn vor Glück. Er geht, kommt wieder.

Sie kommen und sie gehen. Sie schenken und sie nehmen. Gehen wieder unverrichteter Dinge, reißen einen mitten aus dem Leben. Wenn man an einem grauen Regen- und Nebeltag am Kamin sitzt, von Wärme umgeben, ist man geneigt schulterzuckend zu sagen, so ist das Leben. Es soll sich nur fern halten von mir, mir nicht in der Sonne stehen, seiner eigenen Wege gehen.

Versumpft

imageLange, lange hatte ich auf meine ersten Gummistiefel gewartet. Bis dahin machte ich brav und stiefellos um alle Tümpel einen großen Bogen. Und dann hatte ich sie, sie standen auf dem Tisch, meine Größe, für mich. Ich zog sie an und lief zu den Pfützen hinaus. Endlich Matsch, Sumpf, Morast. Ich bekam Flügel, sprang mit Wucht in den Matsch hinein. Ich kann über den Sumpf fliegen, dachte ich, bis ich samt den neuen Stiefeln im breiigen Boden versank. Kein vor, kein zurück. Ich bin keiner, der gleich Panik schiebt, aber wenn mich nicht bald einer hier stehen sieht, dann weiß ich nicht. Man zog mich raus. Meine Stiefel! Rettet auch sie!

Übermut, Höhenflug, tiefer Fall. Ich dachte … aber nein, selbst wenn man Zauberstiefel trägt ist man davor nicht gefeit.

Humorlos

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Du bist dumm wie ein Ochse, stand in dem Brief, den mir ein Mitschüler schrieb. Es kostete mich Mühe aus dem krummen Buchstabensalat den Inhalt zu erraten, auch die Zeichnung half nicht. Aber dann, Ochse, ich. War nicht beleidigend, im Gegenteil, Botschaften wie diese galten viel, waren beliebt. Ich antwortete, humorlos wie ich heute weiß, wenig galant und nicht so sicher im Stil. Ein Ochse ist ein Mann, ich nicht. Ob ein Ochse dumm ist, weiß ich nicht, er wird nicht dümmer sein als du! Es flogen noch viele Briefe über meinen Kopf hinweg, nur ich bekam keinen mehr.

 Ich war ein sehr ernstes Kind. Aber es gibt sich, es verliert sich. Es hat sich gegeben, ich lache heute auch über einen schlechten Scherz.

An das Christkind

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Liebes Christkind, was machst Du eigentlich den ganzen Tag? Nicht jetzt vor Weihnachten, das weiß ich, Du kaufst ein. Zum Glück gibt es Internet. Ich meine im Sommer oder Herbst, jederzeit wenn man Dich braucht? Räumst Du den Himmel auf? Bist Du brav? Denkst Du oft an uns? Sorge Dich nicht. Wir biegen es schon irgendwie hin.

Stille Tage im Advent wünsche ich Dir.